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Geschichte des Eiserwegs:

Abschnitt des Eiserwegs bei Borgentreich-Borgholz. Foto: Daniel GötteAbschnitt des Eiserwegs bei Borgentreich-Borgholz. Foto: Daniel GötteVorläuferwege des Eiserwegs gab es eventuell bereits in der Vorzeit. Es wurden Hämatitbrocken zur Farbpigmentherstellung in den jungsteinzeitlichen Siedlungen der Warbuger Börde gefunden, die aus dem Ostsauerland/Nordhessen importiert wurden. Metalle aus dem Raum Marsberg wurden im Hochmittelalter in den Werkstätten des Kloster Corvey und in der Stadt Höxter verarbeitet.

Seine große Bedeutung erlangte der Eiserweg mit der Einführung der Hochofentechnologie zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Nun war es möglich, größere Mengen Eisen kostengünstiger herzustellen als mit dem früheren Rennofenverfahren. Mit dem Gusseisen kamen neue und schwerere Produkte auf den Markt, wie gusseiserne Ofenplatten und Öfen, Braukessel und Kanonen, die auf dem Wasserweg leichter und billiger transportiert werden konnten. Gleichzeitig stieg die Nachfrage in den wirtschaftlich aufstrebenden Niederlanden. Auswertungen von Weserzollisten zeigen (Rothe/Rüthing), dass ab Mitte des 16. Jahrhunderts Eisen über die Weser nach Bremen transportiert wurde. Wurden 1554 bei der schaumburgischen Zollstelle 14 Tonnen Stabeisen und 3 Schiffe mit eisernen Kachelöfen verzollt, so waren es im Jahr 1616 schon 654 Tonnen Stabeisen und 9 Schiffe mit eisernen Kachelöfen. Bis zum ersten Viertel des 17. Jahrhunderts stieg die Menge des auf der Weser verzollten Eisens auf 600-700 Tonnen jährlich an.

Die erste schriftliche Erwähnung des Transports über den Eiserweg stammt aus dem Jahr 1582 (Schäfer S. 89f): Peter Gerhards aus Adorf bringt von der Strycker Hütte in der Nähe von Willingen 50 Wage Eisen (etwa 2,858 Tonnen) nach Bremen. Der Fuhrlohn betrug auf dem Landweg bis Höxter 10 Rtl. (ca. 90 km). Der Höxteraner Schiffer Magnus Ziegenhirt erhält für die Schiffsfracht bis Bremen 5 Rtl. (ca. 298 km Wasserweg). Dies zeigt, dass der dreimal so lange Schiffstransport über die Weser genauso teuer war wie der Transport über Land.

Während anfangs das Eisen vielfach noch von den Weserorten Herstelle und Höxter weserabwärts verschifft wurde, setzt sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts Beverungen als Hafenstadt durch. Die Vorteile Beverungens gegegenüber Herstelle und Höxter waren, die im Vergleich zu Herstelle gleiche und zu Höxter kürzere Weglänge von den Eiseneproduktionsorten, sowie ein großräumiges Weservorgelände zum Stapeln, Anlanden und Be- und Entladen der Schiffe. Zudem waren die Paderborner Untertanen vom gegenüberliegenden Lauenförder welfischen Weserzoll befreit. Die Eisenwagen waren auf dem Landweg im Hochstift Paderborn vom Wegzoll befreit und brauchten nur in Beverungen den “Eisen-Land-Zoll” zu entrichten.

 

Quellen zum Verlauf des Eiserwegs 

Benennung des Eiserwegs nördlich von Warburg auf der Karte von Le Coq um 1805Benennung des Eiserwegs nördlich von Warburg auf der Karte von Le Coq um 1805Der Eiserweg selber wird als Weg erst spät in den Quellen erwähnt, so in einem Lagerbuch des Bisthums Paderborn um 1763: “Ein Landweg der mit Stabeisen befahren wird, so aus dem Waldeckischen über das ohnweit Bühne gelegene Holz der Eichhagen, über Warburg, Borgentrik nach Beverungen geht. Ist aber ein schlechter Weg, besonders wegen des von Haarbrück zwischen Mühlenberg und Papenstieg herunter nach Beverungen gehenden Steinwegs.” In den Schriftquellen ist immer nur vom Weg nach Beverungen bzw. die Weser die Rede, meist in Zusammenhang mit Transporten oder Beschwerden über den schlechten Zustand des Weges. Als Flurname wird der Eiserweg erst um 1700 bei Borgentreich erwähnt. Teilweise ist er namentlich in den Karten um 1800 bei Warburg gekennzeichnet (Le Coq).

Der Verlauf des Eiserwegs ist nur abschnittsweise bekannt. Hohlweg des Eiserwegs bei Borgentreich-Borgholz am Abstieg des Weges an der Rotenbreite.Hohlweg des Eiserwegs bei Borgentreich-Borgholz am Abstieg des Weges an der Rotenbreite.Teilweise ist der genaue Verlauf unter den Wegeforschern umstritten (Bodenhausen, Brauckmann). Hier sind weitere Forschungen durch Archivarbeit sowie mit modernen archäologischen Methoden notwendig.

Der Eiserweg verlief auf verschiedenen Routen von den Eisenerzgruben im Ostsauerland und im Waldecker Land zu den Hochöfen und Eisenhämmern in den Flusstälern bei Marsberg und im Orpethal und von dort weiter über den Warburger Raum zur Weser, quasi als regionale Produktionsstraße. Die Weglänge zur Weser betrug ca. 50 bis 70 km.

Es gab zwei Hauptrouten, eine über das Orpetal und eine über Marsberg:

Die Route über das Orpetal führte von den Eisenerzlagerstätten bei Adorf zunächst als Eisensteinweg bezeichnet über Waldecker Gebiet zu den etwa 15-20 km entfernten Hüttenstandorten im Orpetal und von dort weiter über Rhoden nach Wethen. Bei Wethen wurde nördlich von Germete die Diemel überquert (heutige K25), der Eiserweg führte das Diemeltalt verlassend weiter Richtung Menne (heute noch als Eiserweg bezeichnet) und knickte im Papenheimer Feld nach Osten ab und führte nördlich von Warburg nach Daseburg und weiter nach Rösebeck. Nordwestlich von Welda gab es einen weiteren Wegzweig (als Eiserweg bezeichnet). Ab Rösebeck verlief der Eiserweg über die heutige Trasse der K30 über die Dinkelburg nach Borgentreich. Es gab wohl ab Rösebeck auch eine Variante über Körbecke und Bühne nach Haarbrück bzw. nach Herstelle.

LiDAR-Scan des Hohlwegbündels am Abstieg des Eiserwegs an der Rotenbreite bei Borgentreich-Bühne in das Lebersiektal. Quelle: Geobasisdaten des Landes NRW. Grafik estellt mit planlauf/TERRAINLiDAR-Scan des Hohlwegbündels am Abstieg des Eiserwegs an der Rotenbreite bei Borgentreich-Bühne in das Lebersiektal. Quelle: Geobasisdaten des Landes NRW. Grafik estellt mit planlauf/TERRAINVon Borgentreich verlief der Eiserweg, hier "Beverunger Holzweg" genannt, schnurgerade in nordöstlicher Richtung über den Galgenberg zur Elendsburg. Vom “Blauen Stein”, wo der Weg nach Osten abknickt, bis nach Haarbrück wird der Weg auch heute noch als Eiserweg bezeichnet. Nordwestlich des jungneolithischen Erdwerkes Rotenbreite führt der Eiserweg steil hinab in die Talebene des Lebersiek. Wagen haben hier im Laufe der Zeit eindrucksvolle, tief eingeschnittene Hohlwege hinterlassen. Das Tal geradlinig durchquerend, knickt der Weg im Eichhagen nach Osten ab und führt nördlich der Klus Eddessen nach Haarbrück und weiter über den Schleeberg und den sogenannten Steinweg im Tal zwischen Papensteig und Mühlenberg hinab zum ehemaligen Weserhafen Beverungen.

Die zweite Route führte von den Eisenbergwerken zunächst nach Marsberg. Von dort verlief der Weg über Hesperinghausen nach Billinghausen und überquerte an der dortigen Zollstelle die Diemel (vor dem Chausseebau 1831 war die Strecke entlang der Diemel schwer befahrbar). Entlang des nördlichen Diemelufers ging es über Scherfede weiter nach Rimbeck (vor Scherfede lag in einem Seitental der Hardehauser Eisenhammer). Ab Rimbeck verlief der Eiserweg zunächst in Richtung Ossendorf (heute noch als Eiserweg bezeichnet), um dann über eine Geländerippe Richtung Nordosten abzuknicken und weiter nach Menne zu verlaufen. Von dort ging es  auf der Trasse der heutigen B67 über Hohenwepel  nach Lütgeneder und weiter nach Borgentreich. Dort traf der Weg auf den anderen Eiserweg. Eine vermutlich im 18. Jahrhundert benutzte Variante führte von Hohenwepel über Grosseneder östlich an Eissen vorbei, traf dort auf den Bördeweg und folgte diesem ostwärts über die Aldorpser Brücke, nördlich an der Wüstung Sunrike vorbei, nach Borgentreich.

 

Weitere Entwicklung des Eiserwegs

Einen großen Aufschwung nahm der Eisenhandel Anfang des 17. Jahrhunderts. Durch den Aufstieg der Niederlande zur Handelsmacht, der Verlagerung des Wirtschaftsschwerpunkts der Niederlande in den Nordosten sowie das Abschneiden der Niederlande von den traditionellen Eisenliefergebieten in Wallonien und am Rhein im achtzigjährigen Unabhängigkeitskrieg von Spanien stieg die Nachfrage über die Weser rasant an. Die enge Verknüpfung mit Bremen und den Niederlanden zeigt sich auch darin, dass Bremer Kaufleute zeitweise Hütten und Hämmer im Marsberger und Waldecker Gebiet besaßen. In Marsberg gab es 1612 zwei sogenannte Holländerhütten, die wohl überwiegend für den niederländischen Markt produzierten oder zeitweise in holländischen Besitz waren. Für den holländischen und auch südskandinavischen Exportmarkt wurden im Raum Marsberg sogar besondere dreigieblige Ofenplatten hergestellt.

Eine große Bedeutung für den Eisenexport über die Weser erlangte insbesondere die Waffenproduktion von Kanonen und Kugeln. Bereits im Jahr 1589 wurden Kanonen nach Bremen exportiert. Der Achtzigjährige Krieg und das rasante Wachstum der niederländischen Handelsschifffahrt steigerten die Nachfrage nach Schiffsgeschützen in den Niederländischen Generalstaaten. In der Hochzeit der Waffenexporte 1622/23 wurden am Weserzoll Varenholz neben 711 t zivilen Eisen rund 468 t an Geschützen und Munition registriert. Daneben kamen noch die mit einem Zollfreibrief versehenen Waffenlieferungen (Korinth). In der Hochzeit des Waffenexports konkurrieren mehrere Gesellschaften um die Eisenhütten im Marsberger und Waldecker Raum. Durch den weiteren Verlauf des Dreißigjährigen Krieges wurde auch der Weserraum berührt, so dass die Waffentransporte ab dem Jahr 1624 eingestellt werden mussten. Außerdem begann die Niederlande ihren Bedarf an Eisengeschützen zunehmend aus dem schwedischen Raum zu decken.

Der Dreißigjährige Krieg beendete mit seinen Wirren und Zerstörungen die Blüte des Eisentransports über den Eiserweg. Die Niederlande und Bremen bezogen ihre Eisenwaren zunehmend aus anderen Ländern, wie Schweden. Der Eisenexport über die Weser erholte sich zwar wieder, aber erreichte nicht mehr das Eisenexportvolumen wie zur Anfangszeit des Dreißigjährigen Krieges. Einen nicht unbedeutenden Anteil am Eisenhandel über den Eiserweg hatten nach dem Dreißigjährigen Krieg auch jüdische Händler, insbesondere die jüdischen Eisenhändler in Beverungen (Hillebrand/Götte).

Im 18. Jahrhundert war der Eiserweg über einen Zeitraum von 20 Jahren sogar für das Eisenhüttenwesen im Kurfürstentum Hannover von Bedeutung. Die Kurhannoversche Bergkasse pachtete 1755 die Strycker Hütte im Waldeckischen bei Willingen für 20 Jahre an, um die Roheisenversorgung der Sollinger Hütte bei Uslar zu verbessern. Für einen Pachtzins von 41.000 Reichstalern wurde vereinbart, dass die Strycker Hütte jährlich 3.192 Zentner Roheisen an die Sollinger Hütte liefern sollte. Für den Transport dieser Menge Roheisen waren jährlich ca. 160 Fuhrwerke erforderlich (ein Fuhrwerk konnte ca. 18 Wagen bzw. 20 Zentner Roheisen transportieren). Der Transport des Roheisens nach Uslar erfolgte wahrscheinlich über Adorf und den Eiserweg nach Beverungen, wo die Sollinger Hütte eine Niederlage unterhielt. In der Niederlage wurde das Eisen gesammelt und mit Schiffen weseraufwärts bis zur Niederlage Bodenfelde transportiert. Von dort übernahmen wieder Fuhrwerke den Landtransport zur Sollinger Hütte. Über die Beverunger Niederlage wurden auch Fertigprodukte der Strycker Hütte, die diese in Waldeck nicht absetzen konnte, von der Sollinger Hütte gegen Provision weserabwärts vertrieben (Mex).

Spätestens mit dem Niedergang der Eisenindustrie in der Region Anfang des 19. Jahrhunderts verlor der Eiserweg seine Bedeutung und geriet in Vergessenheit.

 

Daniel Götte



Quellen und Literatur:

Rüthing, Heinrich / Rothe, Jörg Michael: Der „edle Strohm“ - Daten, Beobachtungen und Überlegungen zur wirtschaftlichen Entwicklung des Weserraumes von der Mitte des 16. Jahrhundert bis zum Dreißigjährigen Krieg. In: Renaissance im Weserraum, Bd. 2: Aufsätze. Schriften des Weserrenaissance-Museums Schloß Brake 2. München 1989. S. 44-70.

Schäfer, Karl (1977): Geschichte der Eisenindustrie in der ehemaligen Grafschaft Waldeck im 16. und 17. Jahrhundert. Selbstverlag des Verfassers, Korbach 1977.

Lagerbuch des Bisthums Paderborn (um 1763), abgedruckt in Magazin für die neue Historie und Geographie, angelegt von A.F. Büsching, 21. Teil, Halle 1787, S. 83.

Le Coq, Carl Ludwig von (1805): Topographische Karte in XXII Blaettern den grösten Theil von Westphalen enthaltend [...], Section XVII:Karte der Gegend an beyden Ufern der Diemel von Stadtbergen bis Carlshaven, so wie an beyden Seiten der Weser von Carlshaven bis Höxter, Maßstab: 1 : 86 400. Online

Bodenhausen, Heinrich (2012): Die Eisenindustrie an der Orpe - Vom 16. bis 19. Jahrhundert. Hrg. Waldeckischer Geschichtsverein e.V., Bad Arolsen 2012.

Brauckmann, Horst (2012): Der Eiserweg. Ein alter Metall-Transportweg zwischen dem Marsberger Raum und Weser. In: Jahrbuch Kreis Höxter 2012. Online

Korinth, Dirk (2001): Waffen- und Truppentransporte auf der Weser in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. In: Die Weser. EinFluß in Europa, Tagungsband Holzminden 2001, S. 21-48.

Hillebrand/Götte: Jüdische Händler - Die Rolle der jüdischen Händler im Diemel-Weser-Raum vom 16. bis Anfang des 19. Jahrhunderts beim Handel von Erzen und Metallprodukten. In: Kreisjahrbuch Höxter 2021, S. 100-105. Online

Mex, Jenny (2002): Der kurhannoversche Eisenhüttenverband und sein Markt (1765-1806). Montanregion Harz, Band 2, Deutsches Bergbau-Museum Bochum 2002, S. 60-65 und S. 150-153.

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